“Euthanisieren“ in Holland - Ein paar Fälle

 

Abendland    30. Dez. 2002         Dr. K.F. Gunning, Rotterdam 

 

In den Niederlanden ist die Euthanasie, die aktive Sterbehilfe durch Ärzte, am weitesten fortgeschritten und durch Gesetze geregelt. Zwar steht auf dem Papier, dass gewährleistet sein soll, dass die ausdrückliche Bitte des Patienten erkennbar ist; die wiederholte Beratung zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat und die Konsultation eines weiteren Mediziners erfolgte. Darüber fertigt dann der Arzt, der die Euthanasie durchführt, einen Bericht an. In einem alarmierenden und kritischen Beitrag in der deutschen Mediziner-Fachschrift «Der Internist» hat in der Juli-Ausgabe der niederländische Arzt K. F. Gunning seine Erfahrungen angesichts der neuen Rechtslage beschrieben.

 

Wörtlich hält er fest: «Das neue Gesetz in Holland macht es möglich, dass ein Arzt straflos das Leben eines Patienten beenden kann, voraus gesetzt, er befolgt einige Richtlinien (siehe oben). Aber der zu konsultierende Arzt muss nicht notwendiger weise ein Facharzt sein oder ein Palliativ-mediziner. Der Arzt selbst füllt den geforderten Fragebogen aus und der Staatsanwalt tritt in Aktion ( oder auch nicht) je nachdem, wie der vom Arzt abgefasste Bericht ausfallt. Auch nach holländischem Recht kann von niemand verlangt werden, dass er sich selbst anklagt. Der Hauptzeuge, der Patient, ist tot. Der Arzt kann also schreiben, was er will. Kurz gesagt:

Das neue Gesetz schützt den Arzt und nicht den Patienten. Der Patient, der nicht euthanasiert werden will, ist seines Lebens nicht mehr sicher.

 

'Noch schlimmer: Die Todesmentalität wird in Holland allmählich zur Norm in der medizinischen Praxis. Ein Internist, der eine Frau mit Lungen-krebs wegen Sauerstoffmangels in die Klinik aufnehmen wollte, musste ihr versichern, dass er sie nicht euthanasieren würde, was. sie befürchtete. Er wies sie selbst ein und nach 36 Stunden war ihre Atmung normal, ihr Gesamtzustand besser. Als der Arzt nach Hause ging, euthanasierte sie sein Kollege. Seine Rechtfertigung: «Wir brauchen das Bett für einen anderen Fall, für die Frau ist es egal, ob sie jetzt stirbt oder in vierzehn Tagen.» 

In der Tat gibt es Ärzte, die sagen, wenn sie von den Erfolgen.. mit der Palliativmedizin hören: dass sie das nicht brauchten, weil sie ja die Euthanasie hätten. Als ich einem Kollegen erzählte, es waren Im Jahr 1995 in zwanzig Prozent aller Todesfalle Euthanasie angewandt worden, war seine Antwort: Es sollten hundert Prozent werden. Es gibt inzwischen Verwandte von Patienten in Holland, die von den Ärzten erwarten, dass sie die Euthanasie zu ihrer Annehmlichkeit anwenden. Da wurde zum Beispiel der Tod eines alten Mannes jeden Tag erwartet. Der Sohn sagte dem Arzt, er habe Ferien geplant und könne nicht mehr absagen. Er wolle, dass die Beerdigung noch vor seiner Abreise stattfinden solle. Der Arzt verabreichte daraufhin dem alten Mann eine seines Erachtens sehr hohe Dosis Morphium, in der Absicht, ihn zu töten. Als er zurückkam, um den Tod festzustellen, sass der Mann fröhlich auf der Bettkante. Er hatte endlich genug Morphium bekommen das seine Schmerzen linderte. Der <behandelnde> Kollege erzählte mir diese ganze Geschichte, als ob es völlig normal sei, einen Patienten zu töten, um der Familie einen Gefallen zu tun.»

Die Demokratie ist eine empfindliche Pflanze, die ständiger Aufmerksamkeit und Pflege bedarf. Das infame Beispiel der Nationalsozialisten lehrt, was geschieht, wenn die Ehrfurcht vor unseren Mitmenschen und ihrem Recht auf Leben verloren geht: Sowohl das Recht auf das noch ungeborene Leben wie auch das Recht auf Leben, wenn es seinem Ende zugeht. «Läuft am Ende alles auf den Ausverkauf des Menschen hinaus?» (Jan Ross) Ist seine Unantastbarkeit erst einmal preisgegeben und sei es mit besten Absichten oder sogar mit eigener Zustimmung, dann gibt es kein Halten mehr.

Es breitet sich aus, was Papst Johannes Paul II. die «Zivilisation des Todes» nennt und wofür er heftig angegriffen wird. Er meint ein kulturelles Klima, in dem Leben disponibel und manipulierbar wird, wo es sich ausweisen muss vor Kosten-Nutzen-Rechnungen. Seine Lebensschutzphilosophie ist eine Oase der Konsequenz in einer Wüste der Heuchelei, wo bedrohte Froschlaiche mit Mahnwachen versehen werden, während die Entwertung menschlichen Lebens weitergeht. Man kann darüber streiten, wie wahrscheinlich es ist, dass alles wirklich so schlimm kommt. Für das zusammenwachsende Europa ist zu wünschen, dass die übrigen Staaten stark genug sind, die Euthanasie zu verweigern, die, wie K. F. Gunning schreibt, in Holland «ausser Kontrolle» geraten ist.

 

Dr. K.F. Gunning in Rotterdam ist -..

Präsident der World Federation of Doctors who respect Human Life, der die Europäische Ärzteaktion angeschlossen ist.

 

<< >>