Gelesen im: Thurgauer Zeitung, Frauenfel   Dienstag, 9. Januar 2001

Schlimmer als Todesstrafe!

Bereits Kain stellte sein Selbstbestimmungsrecht über das Gebot “Du sollst nicht töten” und er tötete seinen Bruder Abel. Das taten auch Hitler, Stalin und andere…: Steht das Selbstbestimmungsrecht über dem Schutz des Schwächeren?         (Anmerkung unserer Red).

Dies soll kein Leserbrief sein, der bloss andere Meinungsträger kritisiert, er soll denen eine Stimme verleihen, die es selbst nicht tun können - den heranwachsenden Kindern im Mutterleib. 

In der Bundesverfassung (BV) vom 18. April 1999 steht in der einleitenden Präambel, dass sich die Stärke des Volkes am Wohl der Schwachen misst. Mir scheint dies ein trauriger Widerspruch zur Absicht der Mehrheit des parlaments zu sein, welche sich leider für die Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch entschieden hat. Es gibt meines Erachtens keine schwächeren und hilfloseren Menschen in unserer Gesellschaft als im Mutterleib heranwachsende Kinder. Selbst der schwächste Greis ist da…besser gestellt. Ein sich im mütterlichen Bauch befindendes Kind kann sich nicht wehren, keinen Protestmarsch veranstalten, kann nicht klagen. Es ist ganz besonders auf den Schutz von uns Stärkeren angewiesen. Ich kann daher nicht begreifen, warum Leute oder Politiker (insbesondere der SP) Abtreibungen als völlig harmlos und legal verkaufen, ja sie als selbstvertständliches Grundrecht der Frau verteidigen, aber sich sonst immer unermüdlich für sozial Schwache oder Benachteiligte aller Art einsetzen wollen. Das passt nicht ganz zusammen. Es ist kein Geheimnis, dass ein Kind bei seiner Abtreibung im Mutterleib grausam verenden muss; dafür gibt es genügend ärztliche Beweise. 

Bereits Kain stellte sein Selbstbestimmungsrecht über das Gebot “Du sollst nicht töten”… und er tötete seinen Bruder Abel… 

Wer sich dessen bewusst ist und dennoch die Meinung vertritt, die persönliche Freiheit einer Frau gehe sogar bis zur Abtreibung, dem sei in Erinnerung gerufen, dass das Niemals aufgehen kann, denn die abtreibende Frau missachtet mit dieser Tat auf schlimmste Art und Weise die ebenso berechtigte Freiheit des heranwachsenden Kindes. Eine Frau in Frankreich brachte es auf den Punkt: Sie wurde nach der Abtreibung mit der Pille in einer Fernsehreportage interviewt. Da meinte sie kalt, es wäre einfach die beste Lösung gewesen für sie selbst, für den Vater und fürs Kind. Was hätte wohl das heranwachsende Kind dazu gesagt, wenn es schon sprechen könnte?  

Das zeigt deutlich, dass, wenn wir wirklich aufs Wohl der Schwachen Acht geben wollen, wir gewisse geforderte Freiheiten wie die der Abtreibung einschränken müssen. Die geplante Gesetzesänderung hat praktisch die liberalste Form in ganz Europa.  Sie würde es einer Frau ermöglichen, Abtreibung als Verhütungsmethode anzuwenden. Der Gedanke ist zutiefst traurig. Und es wird ganz bestimmt von einem Teil der Bevölkerung - sicher nicht von allen - so angewendet, denn die Fristenlösung lässt einem ja sogar diese Freiheit.

Besseren Schutz und Hilfestellung als bisher!

Eine Frau, die ungewollt schwanger wird, muss besseren Schutz und Hilfestellung erhalten, so wie es die hängige Volksinitiative “Hilfe für Mutter und Kind”, die ich unterstütze, vorsieht. Für mich ist das der richtige Weg. Falsch und unverständlich ist für mich die Argumentation, das Gesetz nur wegen grosser Häufigkeit der Fälle und wegen fehlender Ahndung zu ändern, es einer Gewohnheit anzupassen. Oder sollten etwa Tötungsdelikte und Raubüberfälle eines Tages legalisiert werden, bloss weil sie vielleicht immer häufiger aufgetreten sind?             

Noch etwas anderes ist fraglich: In der BV steht im Artikel 10: “Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.” Das wird bei einer Abtreibung für das entsprechende Kind nicht gewährt. Es steht auch (Artikel 10, 1) “dass jeder Mensch das Recht auf Leben hat” und “dass die Todesstrafe verboten sei”. Die Abtreibung ist aus meiner Sicht nicht … wie die Todesstrafe, sie ist schlimmer; denn bei einer Todesstrafe wird doch die verurteilte Person für ein extrem böses Verbrechen bestraft. Ein Kind, das abgetrieben wird, kann wirklich niemals die Schuld für irgend etwas tragen, es muss zu Unrecht und für nichts mit dem eigenen Leben zahlen. Und kann nicht einmal Rekurs einlegen. 

Heranwachsende Kinder im Mutterleib sind angewiesen auf Schutz von aussen. Das sieht beispielsweise so aus, dass man nicht schweigt, wenn Gesetze schlimme Formen annehmen. Ich hoffe einfach, dass dies von niemandem als Verurteilung verstanden wird, dafür aber um so mehr zum Nachdenken anregt. Und dass die geplante Gesetzesänderung wenigstens mit dem angekündigten Referendum verhindert wird. 

Simon Weber, Frauenfeld (TGZ 9.1.2001)      

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