“EDU Standpunkt” März 2001 von Nationalrat Chr. Wanner 

Zürich und Bern lassen aktive Sterbehilfe zu 

Leben schützen oder ausradieren?

Seit Januar dieses Jahres sind in Zürcher und Berner Kranken- und Altersheimen Vertreter der EXIT- Sterbehilfe-Organisation zugelassen, einer Organisation, die den selbstgewählten Tod als Lösung anpreist und deren Mitarbeiter beim Selbstmord assistieren. Jetzt regt sich breite Opposition gegen diese neue Praxis und nicht nur kirchliche Kreise befürchten eine nachhaltige Beeinträchtigung unseres Umgangs mit den letzten Fragen menschlicher Existenz. 

Zumindest seit dem Zweiten Weltkrieg weiss sich unsere westeuropäische Gesellschaft offiziell dem Grundsatz verpflichtet, dass das menschliche Leben zu schützen, zu retten und zu erhalten ist, auch - und gerade - das bedrohte und schwächliche Leben. Noch. nicht allzu lange ist es nämlich her, dass einem tyrannischen Unhold dominiertes Regime des so genannten Dritten, Reiches sich in tausend- und millionenfachen Schicksalen das Recht anmasste, über “lebens-unwertes Leben” zu entscheiden und den gewaltsamen Schlussstrich darunter ziehen zu dürfen... Doch gerade bei dieser Maxime des Schutzes des Lebens bröckelt es in unseren Tagen erneut bedrohlich. Das zeigt etwa die heutige Praxis bei der Abtreibung und jetzt wieder ganz neu die Diskussion über Sterbehilfe. 

Keine Rede vom Gericht...

Ausgelöst wurde die Diskussion durch den Entscheid des Zürcher Stadtrates, per Januar dieses Jahres die Beihilfe zum Suizid offiziell zu ermöglichen. Wenig später wurde bekannt, dass auch in Berner Altersheimen das Ein- und Ausgehen von Vertretern von Sterbehilfe-Organisationen wie etwa EXIT toleriert wird - Organisatio-nen, welche die Möglichkeit eines selbstbestimmten  Suizids, propagieren, Menschen anleiten bei der Selbsttötung und ihnen dabei behilflich sind. Diese Organisationen verkünden das Selbstbestimmungsrecht des Menschen so, als sei es ihnen das

Allerwichtigste. Obwohl in Organisationen wie EXIT auch Pfarrer einsitzen, kümmert man sich bei diesen Sterbehilfe-Organisationen nebst diesem Selbstbestimmungsrecht des Menschen jedoch kaum um die in der Heiligen Schrift dargelegte Perspektive des menschlichen Todes, um das nachfolgende Erscheinen vor dem Richterstuhl- des lebendigen Gottes. So ist in ihren Unterlagen wenig bis nichts zu erfahren über Themen wie z.B.: Wie komme ich mit meinen Sünden und mit Gott ins Reine? Oder

darüber, wie man dem nach dem Tode jedem Sünder drohenden Höllenfeuer entkommen kann. Das ist das eigentliche Thema, um das es hier geht: Die Bibel kennt kein Aus mit dem Tod! Ihre Botschaft ist klar: «Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber kommt das Gericht» (Hebräer 9, 27). Es geht also gar nicht darum, wie ich mich möglichst rasch und elegant von dieser Welt verabschiede, sondern darum, wie ich vor einem dreimal heiligen Gott in der Ewigkeit bestehen kann!

Eine Kultur des Mordens?

Dem Zürcher Stadtrat wird nun vorgehalten, dass das so genannte Selbstbestim-mungsrecht der Patienten zwar mit dieser Neuerung beachtet werde, dass dies aber nur das Eine sei. Das andere sei etwa, dass durch diese Neuerung auch die generelle Atmosphäre im Umfeld solcher Suizide verändert werde, dass sich dadurch die generelle Atmosphäre in den Alters- und Pflegeheimen, ja in unserer Kultur verändere. Das Personal in diesen Heimen trage nämlich trotz Mitwirkungsverbot beim Suizid  eine

grundsätzliche Mitverantwortung. Etwa durch die Beurteilung, der Zurechnungsfähigkeit eines Patienten sei das Personal mit involviert. Mit dieser Zürcher Neuregelung werde somit  dem Personal, den Mitbewohnern und weiteren Beteiligten zugemutet, assistierte Suizide miterleben und mit den psychohygienischen Nebenfolgen solcher Erlebnisse fertig werden zu müssen. Die bisherige Praxis, dass Suizidwillige den Suizid zu Hause oder in einem Hotel durchführen, sei zwar nicht optimal, aber in Abwägung zum Interesse des Gemeinwesen absolut zumutbar gewesen. Es könne nicht angehen, so wird jetzt argumentiert, unsere gesamte Kultur noch weiter in Richtung einer Kultur des salonfähig gemachten Mordens und Ausradierens abdriften zu lassen.

NR Christian Wider 

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